Entwicklung zur heutigen Gerichtsorganisation
Die Reichsjustizreform des Jahres 1879 markiert den Beginn des Aufbaus unserer heutigen Gerichtsorganisation. Nach der Verordnung betreffend die Errichtung der Amtsgerichte wurde das neu gebildete Amtsgericht Soest dem neuen Landgerichtsbezirk Dortmund zugeschlagen. Erst durch Gesetz vom 13.09.1933 erfolgte zusammen mit den Amtsgerichten Menden und Werl die Zuordnung zum Landgericht Arnsberg – als Ausgleich dafür, dass das Landgericht Arnsberg einige Amtsgerichte (Attendorn, Berleburg, Burbach, Grevenbrück, Hilchenbach, Kirchhundem, Laasphe, Olpe, Siegen) an das neu gebildete Landgericht Siegen abgeben musste.
Beginn der Rechtstradition
Die Tradition des Soester Amtsgerichts beginnt allerdings nicht erst mit dem Jahr 1879. Die Rechtstradition in der mittelalterlichen Hauptstadt Westfalens beginnt gesichert spätestens Anfang des 12. Jahrhunderts: Im Stadtarchiv zu studieren sind die Regeln der "Alten Kuhhaut" und der "Neuen Kuhhaut" aus der Mitte des 12. Jahrhunderts, die um ca. 1350 verfasste "Alte Schrae" und – vor allem – das "Nequambuch" von 1315 mit seinen berühmten Miniaturen – bildlichen Darstellungen der gerichtlichen Verfahren und Strafen.
Gerichtsverhandlung im 15. Jhdt.
Die bis in das 15. Jahrhundert stark bewehrte Stadt hatte sich infolge ihrer durch Handel und Salzreichtum blühenden Entwicklung mehr und mehr von den Kölner Bischöfen als Landesherren gelöst und über die landesherrlichen Vogtei- und Schultengerichte das umfassend zuständige starke Stadtgericht "Vor den vier Bänken" erstritten, dessen Vorsitz einem städtischen Großrichter übertragen wurde. Allerdings hatte die starke Bürgerschaft eine Ratsgerichtsbarkeit durchgesetzt, deren Appellationsgericht schließlich wesentliche Zuständigkeiten erhielt. Der Einfluss der Femegerichte im Lande muss auch auf das Verfahren des Soester Stadtgerichts groß gewesen sein, wie das Bild des als "Femegericht" bezeichneten Soester Stadtgerichts aus dem 15. Jahrhundert zeigt: Ein Großrichter und zwei Femeschöffen beraten vor dem auf dem Gerichtstisch liegenden blanken Schwert – Zeichen der Hoch- oder auch Blutgerichtsbarkeit – über den Urteilsspruch.
Entwicklung zum heutigen Amtsgericht
Nachdem Soest mit seinem Stadtgericht 1608 nach dem jülich–cleveschen Erbfolgestreit an Brandenburg - Preußen gefallen war, führte die Entwicklung weiter über das königlich – preussische Stadtgericht bis zum heutigen Amtsgericht. Die Gerichtsverhandlungen wurden jetzt nicht mehr nach germanischem Brauch unter freiem Himmel, sondern im Zunfthaus "Stalgadum" auf dem heutigen Marktplatz abgehalten. Aus diesem später der Markterweiterung zum Opfer gefallenen Gerichtsgebäude stammt ein letztes verbliebenes Relikt: Ein von dem letzten Soester Stadtrichter Terlinden 1792 gestiftetes 160 x 100 cm großes Ölbild mit der preußischen Justitia – Maler: W. Kleine – unter dem Konterfei Friedrich-Wilhelms des Zweiten. Das Bild, das sich in der Erstausgabe des 1792 in Kraft getretenen Allgemeinen Preußischen Landrechts wiederfindet, gibt den stolzen Gedanken der preußischen Aufklärung – gleiche Rechte für alle, Staatsgewalt nur im nötigen Umfang – beeindruckend wieder. Nachdem Napoleon durch Justizorganisationsdekret zum 1. Februar 1812 das mittelalterliche Stadtgericht aufgelöst hatte, setzte Preußen nach der napoleonischen Herrschaft bereits 1814 das staatliche Stadtgericht unter Verzicht auf die alte Ratsgerichtsbarkeit wieder ein. Die Entwicklung zu einer echten Gewaltenteilung wird hier deutlich.
Das heutige Amtsgericht Soest
1856 erwarb der preußische Justizfiskus für sein Soester Stadtgericht das Grundstück Nöttenstraße 28. Dort ließ der preußische Staat bis zur Fertigstellung 1876 unter Beibehaltung spätklassizistischer Bauformen das heutige Amtsgericht mit einem großen Gefängnistrakt errichten. Dieser alte Teil des Dienstgebäudes, das 1959 eine beträchtliche Erweiterung erfuhr, steht unter Würdigung seines historischen Ursprungs unter Denkmalschutz. Nachdem der Gefängnistrakt – jetzt: Justizvollzugsanstalt – 1969 durch den Justizminister Nordrhein-Westfalen geschlossen worden war, wurden die Räumlichkeiten entsprechend dem starken Wachstum des Amtsgerichts in Büroräume – vor allem für das Grundbuchamt - umgebaut, mit Ausnahme von heute noch sieben Zellen im mittleren Stock, die Jugendarrest- und Vorführzwecken dienen. Im Amtsgericht Soest arbeiten ca. 90 Justizbedienstete, davon 10 Richter/innen.
Die Zuständigkeiten erstrecken sich auf die Stadt Soest, die Gemeinden Bad Sassendorf, Lippetal, Möhnesee und Welver sowie in Straf- und Ordnungswidrigkeitensachen teils auf die benachbarten Amtsgerichtsbezirke Warstein und Werl.
Modern gestaltete Arbeitsabläufe
Das Amtsgericht Soest ist als erstes Gericht im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm mit untereinander vernetzten elektronischen Arbeitsplätzen sowie der zugehörigen Funktionsmöblierung ausgerüstet worden. Die Kommunikation zwischen allen Dienstbereichen wird strukturiert durch ein neues Koordinatorensystem gesichert. Der zeitgleichen Information aller Bediensteten dient das von einer internen Arbeitsgruppe erarbeitete behördliche Intranet. Der externen Vorstellung des Gerichts dient die ebenfalls intern erarbeitete Internet – Seite. Soziale Kontakte, Öffentlichkeitswirkung und Arbeitsklima werden durch regelmäßige Begegnungen zwischen Anwaltschaft und Richterschaft, durch zwischenbehördliche Kontakte, Veranstaltungen in der Behörde und Kunstausstellungen gefördert.